Freitag, 30. März 17:40
Am Karfreitag darf man nicht lachen. Zumindest an diese eine Regel kann ich mich – bezüglich des Osterfests – noch aus meiner Kindheit erinnern. Warum das so war (und wahrscheinlich eh noch ist), wusste ich nie so genau, es war mir nur klar, dass es mit dem Tod von Jesus zu tun hat. Heute gilt das für mich nicht mehr so strikt, ich lache inzwischen auch am Karfreitag, so es was zum Lachen gibt. Der heutige Tag begann jedoch tatsächlich so, wie ein Karfreitag eben sein soll...

Gegen acht Uhr sperre ich mein Rad vor meinem Hofer ab und sehe schon aus der Entfernung, dass heute einer meiner zwei Lieblings-Augustin-Verkäufer Dienst hat. Warum »Lieblings-Verkäufer«, ist leicht erklärt: Er spricht schon ziemlich gut deutsch, so können wir uns eben länger unterhalten und sind nicht auf die üblichen Floskeln zwischen Augustin-Verkäufer und Kunde angewiesen. Ich weiß von ihm, dass er zwei Kinder hat, sein Rücken immer wieder ein wenig Probleme macht, er aus Rumänien stammt, im Sommer immer auf Urlaub nach Hause fährt und den Job als Augustin-Verkäufer ganz gerne mag. Ach ja, im Winter ist ihm regelmäßig zu kalt.

Er sieht mich immer schon von Weitem und grüßt dann freudig zu mir herüber. Heute aber nicht. Ich gehe zu ihm hin und frage, wie es ihm denn ginge. Traurig sieht er mich an und sagt: »Mein Papa ist gestorben«. Dabei sind seine Augen schon ein wenig feucht, aber er muss es loswerden. Er war natürlich da in Wien, weil er arbeiten und Geld für die ganze Familie verdienen muss. Dann hat er den Anruf bekommen, dass sein Vater verstorben sei. 62 Jahre alt ist er geworden.

62 Jahre.

Ich hoffe, es wird niemand behaupten wollten, dass dies ein ordentliches Alter zum Sterben ist. Ja, klar, kein Alter ist wirklich das richtige für den Tod aber 62 ist halt schon gar ein bisserlbisserl


»a bisserl« = weniger. Noch ein wenig weniger, als wenig.

Am wenigsten wäre dann ein »E u z e r l«.

Aber das ist dann schon so wenig, dass es - jetzt rein in Bezug auf die Menge - fast mit dem »Lecherlschas« in Konkurrenz tritt.
früh. Für mich würde das zum Beispiel bedeuten: in neuen Jahren wäre es soweit.
Aber so ist es eben in Rumänien. In den ländlichen Gegenden ist das keine Besonderheit, wenn jemand mit 62 stirbt. Das Leben dort ist doch ein kleinwenig härter als bei uns. Mein Wunsch wäre, dass sich der nächste Hofer-Kunde, der wieder einmal den lieben Kerl, der da nur seine Augustin-Zeitung verkauft, anschnauzt, er sei ja eh nur ein Wirtschafts-Flüchtling und solle nicht bei uns betteln, dass sich genau dieser Kunde dann überlegt, wie es denn wäre, wäre er mit 62 gestoben? Und vielleicht kann er ihm ja um ein paar Euro mehr eine Ausgabe des Augustin abkaufen...?!

Ich glaube – und das meine ich vollkommen im Ernst – dass der liebe Jesus damit eine noch viel größere Freude hätte, als wenn man am Ostersonntag kreuzbrav in die Kirche ginge...

2 Kommentare


(C) mArtin, im Mai 2024.
Und ich bin wirklich nicht immer stolz darauf.
Manchmal aber sehr wohl.


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