Freitag, 21. Juli 18:50
Es scheint, als ob »Bitte« und »Danke« mehr oder weniger obsolet sind. Klar, in einer gut funktionierenden Leistungsgesellschaft haben zwei derartige Dinosaurier keine wirkliche Berechtigung mehr. Der Bessere muss natürlich nicht um etwas bitten – es geschieht einfach. Genau dafür ist oder wird man ja der Bessere. Normalerweise ist mir das egal, da ich jene Bereiche unserer Gesellschaft, wo ausschließlich die Auswirkungen des Raubtier-Kapitalismus regieren, ohnehin meide. Manchmal geht es aber nicht anders...

Wir tragen uns die Studio-Termine selber ein, meist für mehrere Wochen im Voraus. Da bleibt es nicht aus, dass man den einen oder anderen Termin nicht mehr wahrnehmen kann. Daher beginnt man untereinander zu tauschen. Das ist grundsätzlich eine feine Sache. Nur merke ich mit der Zeit, dass es Leute gibt, die ihre Termine im Griff haben und absolut nie tauschen müssen (rate mal, wen ich da meine ) – und auf der anderen Seite solche Leute stehen, die durch verschiedenste Eventualitäten immer tauschen müssen. Auch das ist meiner Meinung nach OK. Solange es eben unter der Wahrung gewisser Formen geschieht.

In den letzten Tagen bekomme ich von einer Frau mit Tausch-Absicht eine Email mit folgendem Wortlaut: »könnten wie nächste woche wieder deine montag gegen meinen dienstag tauschen?(momentan geht der montag für mich/meine Babysittern besser…..)«

1.) Ich kenne diese Frau nicht. Ich habe nur eine Woche zuvor bereits den Termin mit ihr getauscht – die Email damals war dieser sehr ähnlich.
2.) Ich könnte locker tauschen. Programmieren kann ich an jedem beliebigen Tag.
3.) Jedoch verspüre ich nicht die geringste Lust zu einem Tausch.

Ich kenne mich. Natürlich werde ich mit ihr tauschen. Ich möchte ja ein Netter sein, den man um jeden Gefallen bitten kann. Aber genau da beisst sich der Hase in die Pfote: bitten!
Hätte sie es zusammengebracht, dieses eine Wort in die Anfrage zu integrieren, dann würde ich ihr mit ehrlich empfundener Freude meinen Termin hergeben. So aber fühlt es sich einfach nur a bisserlbisserl


»a bisserl« = weniger. Noch ein wenig weniger, als wenig.

Am wenigsten wäre dann ein »E u z e r l«.

Aber das ist dann schon so wenig, dass es - jetzt rein in Bezug auf die Menge - fast mit dem »Lecherlschas« in Konkurrenz tritt.
grauslichgrauslich


Eigentlich »grauenhaft« - aber dann doch wieder nicht. Grauenhaft ist in seiner Bestimmung doch ziemlich eindeutig. »Grauslich« hingegen kann von wahrhaftig »grauenhaft« bis hin zu »nur ein wenig ungut« alles bedeuten.

Sehr oft auch dafür verwendet, um dem Gegenüber mitzuteilen, dass dieses eben ein wenig verletzend zu einem war: »Geh bitte, sei net so grauslich zu mir...«
an.

In meinen kühnsten Träumen antworte ich ihr mit gar nicht feiner Klinge: »Nein, können wir nicht. Mein Tipp: Such Dir eine andere Babysitterin...«

1 Kommentare


(C) mArtin, im April 2024.
Und ich bin wirklich nicht immer stolz darauf.
Manchmal aber sehr wohl.


Da einige meiner Texte ohnehin bereits an anderer Stelle verwendet wurden/werden, dürfen sie also unter Angabe der Quelle auszugsweise verwendet werden. Bitte aber den passenden Link zum entsprechenden Beitrag im Rahmen der Zitat-Kennzeichnung kopieren und einfügen. Denn irgendwann möchte ich auch reich und berühmt werden. Oder auch nicht. Herzlichen Dank und weiterhin viel (Lese-)Freude!