Dienstag, 31. Mai 19:50
Gestern im deutschen Radiosender NDR-Info ein Bericht über den Ausrutscher eines deutschen Politikers (Alexander Gauland von der AfD) – und da höre ich zumindest mit einem Ohr schon einmal hin. Weil: wenn Einer von den doch etwas mehr rechts Stehenden etwas sagt, da wird es für mich als doch eher links Stehenden interessant.

Dann die Aussage, die – ungefähr zusammengefasst – meint: »Alle mögen Boateng (einen deutschen Fußballer, den ich bisher nicht kannte), doch eher niemand möchte ihn als Nachbar...«

Mein erster Gedanke: »Na eh! Wer, der noch halbwegs gesunden Verstandes, möchte schon einen testosterongesteuerten, von nie enden wollenden Adoleszenzerscheinungen geplagten, ganzkörperbemalten, in seinem Job auf allerhöchstem Niveau aggressiv handelnden, von überbordender Selbstgefälligkeit gezeichneten, Fußball-Star-Parvenü mit allen nur erdenklichen Zusatzerscheinungen als seinen Nachbarn – OidaOida


Kumpel, aber auch Fremder. Freund, aber auch Ehemann.
Zusätzlich aber auch noch ein Ausdruck des freudigen Erstaunens oder der enormen Enttäuschung.

Hängt eben alles nur von der Betonung ab und ist wirklich unheimlich kompliziert.
!?!«

Ich meine, wenn man Bock auf Kokain-Orgien, dröhnende Autos, nicht enden wollende Partys zur Nachtzeit und Fan-Belagerungen zur Tageszeit hat, dann bitteschön. Aber wer hat das schon? Für mich als definitiver Anti-Fußballer eine klare Entscheidung: Ein Fußball-Star als Nachbar...: nur über meine Leiche. Doch dann geht es weiter im Bericht. Gauland hat wohl nicht so sehr den Fußballer per se gemeint, sondern eher den Umstand, dass Boateng nicht weiß sei. Aha, ahso, das meint er...

Heute gibt es bereits den Skandal. Ganz Deutschland schreit auf, dass Gauland so etwas sagt. Der Nazi-Vorwurf steht im Raum, Gauland und seine Partei hat in diesem Fall quasi ausgeschissen. Grundsätzlich wäre mir das wurscht, weil es sich eh um Rechte handelt und die genug Dreck am Stecken haben. Sie hätten es auf jeden Fall irgendwie verdient. Aber dann ist es mir doch nicht so wirklich egal. Denn absichtlich falsch verstehen ist halt schon ein bisserlbisserl


»a bisserl« = weniger. Noch ein wenig weniger, als wenig.

Am wenigsten wäre dann ein »E u z e r l«.

Aber das ist dann schon so wenig, dass es - jetzt rein in Bezug auf die Menge - fast mit dem »Lecherlschas« in Konkurrenz tritt.
die kleine Schwester von vernadern und Hackel-in-den-Buckel-haun.

Dass ich einmal für einen Rechten Partei ergreife, hätte ich mir auch nie träumen lassen, aber so ist es halt: Was Gauland da gesagt hat, ist nichts anderes als ein klarer Bericht von »vorne schön tun und hinten schiarchschiarch


Ein wenig »hässlich«, oder auch »ungut«. Ein Mensch kann z.B. zweierlei »schiarch« sein. Wenn er nicht hübsch ist, dann könnte er schon »schiarch« sein.

Wenn er sich aber seinen Mitmenschen gegenüber recht ungut verhält, dann ist er ebenfalls »schiarch zu jemanden«.
«. Die Fachvokabel dafür nennt sich: Bigotterie. Und die ist – dessen bin ich mir sicher – so fest in uns drinnen, das es ziemlich schwer ist, sie nicht aufkommen zu lassen. Soweit ich die Berichte über Gaulands Äußerungen gelesen habe, hat er eben  n i c h t  gesagt, dass er selber keinen farbigen Nachbarn haben möchte, sondern dass es viele Leute gibt, die Boateng wohl ob seiner Leistungen für Deutschland mögen, ihn aber wegen seiner Hautfarbe lieber nicht als Nachbarn haben möchten.

Genau das war es. Klingt in der Tat nicht wirklich gut – ist es selbstverständlich auch nicht. Dass es die Mehrheit der Deutschen (und sicher auch Österreicher) aber genau so handhaben würde – davon bin auch ich überzeugt. Wie man redet und wie man handelt, das sind (in unserer Leistungsgesellschaft) schon zweierlei Paar Dings. Gauland hat hier also das Schicksal des Überbringers einer schlechten Nachricht erlitten. Naja, ich gönne es ihm. Mit irgendeiner Aussage wird er sich das schon verdient haben.


Nachtrag: Ich habe mir jetzt ein Video mit Boateng angesehen, damit ich überhaupt weiß, von wem da die Rede ist. Er wirkt zumindest in diesem einem Video schon fast ein bisserlbisserl


»a bisserl« = weniger. Noch ein wenig weniger, als wenig.

Am wenigsten wäre dann ein »E u z e r l«.

Aber das ist dann schon so wenig, dass es - jetzt rein in Bezug auf die Menge - fast mit dem »Lecherlschas« in Konkurrenz tritt.
sympathisch
auf mich. Wenn ich nicht wüßte, dass er Fußballer ist, würde ich fast sagen... Also: Grundsätzlich kommt mir garantiert kein Fussballer ins Nachbarhaus, aber bei Boateng würde ich mich vielleicht doch noch überreden lassen...
1 Kommentare


(C) mArtin, im Mai 2024.
Und ich bin wirklich nicht immer stolz darauf.
Manchmal aber sehr wohl.


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