Mittwoch, 02. September 19:40
Wer erinnert sich nicht ebenso gerne wie ich an jene Tage des Physikunterrichts, wo man ins Labor pilgern durfte, da endlich wieder einmal ein praktischer Versuch anstand?! Bei uns war dies eine besonders beliebte Abwechslung zu den Theorie-Tagen, da unser Physik-Professor, Dr. Hugo Hubacek, über eine – ich sage mal vorsichtig – ziemlich lebhafte Erzählweise verfügte und es damit verstand, bereits im Vorfeld eines anstehenden Versuchs ein Klima der regelrechten Aufregung innerhalb des gesamten Klassenkörpers zu verursachen.

Einer der von ihm besonders martialisch angekündigten Versuche war jener mit dem Bleigewicht, der Vogelfeder und der Vakuum-Röhre. Sir Isaac Newton hat da ja Seinerzeit schon so einen Versuch gemacht, wo eben dieses Bleigewicht und die Vogelfeder mit exakt gleicher Geschwindigkeit zu Boden fallen würden, wenn das Ganze eben in einem luftleeren Raum – also im Vakuum – stattfände. Prof. Hubaceks Ankündigungen zu diesem Versuch waren derart umfangreich und warnend, dass die ganze Klasse wie gelähmt dem unregelmäßigen Zischen der Vakuumpumpe harrte, die die restlichen Luftpartikel aus dem gläsernen Rohr saugte – und gleichzeitig hörbar an über ihrer technischen Grenze arbeitete. Hubacek hatte vorher nämlich erzählt, dass bei ähnlichen Versuchen bereits mehrmals ein gläsernes Vakuum-Rohr implodiert sei – und dass sich so eine Implosion von der Gewalt her wesentlich gefährlicher als eine Explosion gestalte. Es gäbe einen unglaublichen Knall, sodass in den ersten vier Reihen alle einen schweren Hörschaden hätten und Millionen von kleinsten Glassplittern schössen dann mit wahnwitziger Geschwindigkeit durch das Labor und überhaupt...

Die Klasse sitzt also da, mit leicht zusammengekniffenen Augen und Fingern in den Ohren. Die Pumpe ist hörbar am Ende ihrer technischen Möglichkeiten angelangt, Dr. Hugo schließt das Luft-Ventil der Röhre und hängt den Schlauch ab. Die absolute Spannung im Physik-Labor, man hätte jetzt wirklich eine Kaulquappe furzen hören können. Dr. Hubacek nimmt die Glasröhre in die Hände, tritt in die Mitte der Vortragsbühne und lässt vorsichtig das Bleigewicht und die Feder an das eine Ende der Röhre rutschen. Er wartet ab und genießt die weiter steigende Spannung im Auditorium. Und dann, ganz plötzlich, stellt er das Glasrohr mit einer schnellen Handbewegung senkrecht und wir alle sehen...:

Eh genau nix. Oder halt: nicht wirklich viel. Jo eh, im Vakuum könnte es schon so sein, dass man vielleicht fast gesehen hat, dass Blei und Feder ungefähr gleich schnell unten waren, aber ähnlich schnell waren sie auch dann unten, wenn das Ventil offen war – also kein Vakuum in der Röhre herrschte. Bei der kurzen Strecke sieht man das halt nicht so ganz genau. Fakt ist: Wir nahmen das zwar zur Kenntnis, waren aber doch ein wenig enttäuscht, weil es nicht so wirklich richtig für uns erkennbar war.

Warum ich mich an diesen Versuch genau heute erinnere? Ein kleines Video im Netz trägt Schuld daran. 4 Minuten und 41 Sekunden, die sich ehrlich lohnen, wenn man Physik auch nur ein bisserlbisserl


»a bisserl« = weniger. Noch ein wenig weniger, als wenig.

Am wenigsten wäre dann ein »E u z e r l«.

Aber das ist dann schon so wenig, dass es - jetzt rein in Bezug auf die Menge - fast mit dem »Lecherlschas« in Konkurrenz tritt.
mag.

Lieber Herr Professor Hubacek! Jetzt weiß ich ganz genau, was Sie uns damals zeigen wollten. Eigentlich wäre es ja dieser Versuch gewesen, die Mittel des Stadtschulrats haben halt nur die kleinere Version zugelassen...

3 Kommentare


(C) mArtin, im Mai 2024.
Und ich bin wirklich nicht immer stolz darauf.
Manchmal aber sehr wohl.


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