Mittwoch, 16. Oktober 20:30
Ich bin ein bisserlbisserl


»a bisserl« = weniger. Noch ein wenig weniger, als wenig.

Am wenigsten wäre dann ein »E u z e r l«.

Aber das ist dann schon so wenig, dass es - jetzt rein in Bezug auf die Menge - fast mit dem »Lecherlschas« in Konkurrenz tritt.
dumm im Schädl
. Ein Tatsachenbericht.

Ja, eh klar: Das war ein Elfmeter mit Steilvorlage. Bevor Du also antwortest: »Jo, des wiss ma eh scho laung...« schränke ich die Aussage ein wenig ein. Ein Arzt möchte mir in den Kopf schauen, ob da was wäre, was nicht unbedingt sein soll. Und dazu benötigt er eine MRT meines Kopfes. Dies ist die berühmte Magnetresonanztomographie in der berüchtigten Röhre. Diese Röhre ist ziemlich teuer, der Betrieb derselben ebenfalls – daher genügt dafür nicht eine einfache Überweisung eines Arztes, sondern man benötigt eine zusätzliche Genehmigung dafür, denn eine MRT ist – was für eine wunderschöne Bezeichnung – chefarztpflichtig! (Laut Guckl kostet so eine Untersuchung übrigens um die 280,- Euro.)

Da ich bisher in meinem Leben kaum bei Ärzten war (und auch jetzt nicht wirklich damit anfangen werde), kenne ich mich mit diesen Gepflogenheiten nicht so richtig aus. Diese Sache mit dem Chefarzt mußte ich also erfragen. Ein wenig habe ich das bereits hinausgeschoben, da ich in einigen Dingen doch ein typischer Mann bin: Da wird halt prokrastiniert, was das Zeug hält.

So ist es bereits an der Zeit, mir diese Bewilligung zu holen, ansonsten die ganze Prozedur von vorne beginnen würde. Ab sieben Uhr hat die Geschäftsstelle der WGKK in Baumgarten geöffnet, also bin ich um Punkt siebenhundert vor Ort. Ich betrete die Halle, die eigentlich nur ein riesiges Wartezimmer ist, mit zwei sehr offiziell aussehenden Schaltern an der Breitseite, an denen zwei ebenfalls sehr offiziell aussende Schalterbeamtinnen sitzen. Wir sind also zu dritt in Godots Lieblingsraum.

Mein fragender Blick an die rechte der beiden Damen wird mit dem Satz quittiert: »Lesen Sie sich die Tafel durch, da steht alles drauf.«
Ich lese, und ich kann die Blicke der beiden Damen von der Seite förmlich spüren. Es ist nämlich nicht so warm heute und noch fast komplett dunkel. Es wirkt draußen eher wie ein nebeliger Novembertag. Trotzdem habe ich die kurze Hose an – sie ist einfach nocht nicht schmutzig genug, damit ich sie zur Wäsche geben kann.

Ich spüre also die Blicke an mir und kann mich nur schlecht konzentrieren, da lese ich endlich irgendwas mit Bewilligung. Ich drehe mich zur Dame (wieder die rechte der beiden) und will fragen, ob das, was ich benötige, denn eine Bewilligung sei..., da unterbricht sie mich bereits bevor ich noch mein erstes Wort formulieren kann und sagt: »Sie müssen eine Nummer ziehen!« Ich drücke den linken der beiden Knöpfe für die Nummern, der Automat spuckt eine Wartekarte aus. Sie trägt die Nummer: 001. Am Display des Automaten steht nun zu lesen: »Vor Ihnen befinden sich noch 000 Patienten.« Zugleich macht der Automat einen kurzen Summton, der ein wenig wie mein WhatsApp-Nachrichtenton klingt, daher bin ich noch mehr verwirrt.

Den Gipfel der Verwirrung allerdings erreiche ich, da etwa drei, maximal fünf Sekunden später ein weiterer Summton aus Richtung der beiden Damen kommt. Über ihnen hängt eine Anzeige, auf der meine Nummer erscheint: »001«. Wiederum die rechte der beiden Damen sagt: »Sie sind dran...«

Ich kann mich nur mehr schwer halten. Ich fühle mich wie in einer Mischung aus Loriot und Mit versteckter Kamera und kann kaum verstehen, dass die beiden Damen nicht laut loslachen müssen. Aber die machen ihren Job sehr gewissenhaft und bleiben absolut ernst. Die rechte Dame nimmt meine Unterlagen entgegen und sagt: »Bitte setzen Sie sich in den Wartebereich, sie werden namentlich aufgerufen.«

Ich setze mich ganz nach hinten an die Wand, was wohl ein Fehler ist, denn der Weg dorthin ist einfach zu weit. Ich habe extra das Händi mitgenommen, um ein bisserlbisserl


»a bisserl« = weniger. Noch ein wenig weniger, als wenig.

Am wenigsten wäre dann ein »E u z e r l«.

Aber das ist dann schon so wenig, dass es - jetzt rein in Bezug auf die Menge - fast mit dem »Lecherlschas« in Konkurrenz tritt.
ORF-News zu lesen, doch leider bekomme ich es nicht einmal aus dem Rucksack, da höre ich einen lauten Ruf: »Hr. Ing. Nürnberger...?!«

Es ist wieder die rechte Dame. Ich rufe freundlich zurück: »Ja!« und versuche so schnell wie möglich zum Schalter zu gelangen, was aber kaum möglich ist, da ich ja noch mit dem Ausziehen und Auspacken der Sachen beschäftigt bin. »Ihre Überweisung wurde bewilligt.« sagt die Dame und gibt mir den großen Zettel zurück. Dieser ist nun um einen blauen und einen schwarzen Stempel und eine Unterschrift von Dr. Sarcevic reicher. »MRT zum Tarif« prangt schwarz und fett in der rechten unteren Ecke. Ich darf/muss also in die Röhre...



Der wirkliche Funfact am Rande – oder eher: Das wirklich Traurige an dieser Geschichte ist: In England herrschen bezüglich solcher Überweisungen sehr ähnliche Bedingungen, wie bei uns. Und dort wurden lange Studien und Berechnungen darüber angestellt. Diese haben ganz eindeutig ergeben: Würde man all diese Überprüfungen streichen, dann wäre das ganze System um einiges günstiger.
Aber das wäre dann ja zu einfach...

2 Kommentare


(C) mArtin, im April 2024.
Und ich bin wirklich nicht immer stolz darauf.
Manchmal aber sehr wohl.


Da einige meiner Texte ohnehin bereits an anderer Stelle verwendet wurden/werden, dürfen sie also unter Angabe der Quelle auszugsweise verwendet werden. Bitte aber den passenden Link zum entsprechenden Beitrag im Rahmen der Zitat-Kennzeichnung kopieren und einfügen. Denn irgendwann möchte ich auch reich und berühmt werden. Oder auch nicht. Herzlichen Dank und weiterhin viel (Lese-)Freude!