Montag, 17. Juli 20:10
Die Unterstufe habe ich in einer der – zur meiner Zeit angeblich – schärfsten Schulen von Wien verbracht: im BRG7 Kandlgasse. Damals noch als reine Bubenschule ausgeführt und in Wahrheit eh lange nicht so scharf, wie von den verschiedensten Seiten angekündigt. Mir selbst hat es gar nicht so schlecht gefallen, auch wenn die Noten doch relativ zu wünschen übrig ließen. Aber das ließen sie bei mir ja ohnehin fast immer, von da her war es also kein großer Unterschied. Zudem war es das erste Mal in meinem Leben, dass ich erkennen durfte, dass Noten tatsächlich immer relativ sind: Beim Taischl stand ich in Englisch regelmäßig zwischen 4 und 5. Als der in Pension ging, kam der Kaufmann – bei ihm stand ich immer (kein Scherz) zwischen 1 und 2. Die von mir eingebrachte Leistung hat sich dabei absolut nicht verändert. Taischl legte halt ausschließlich Wert auf gelernte Vokabel, für Kaufmann war die gute Aussprache das Wichtigste.

Da ich also beim Taischl so schlecht war, gab mir ein Klassenkollege Nachhilfe. Es war ein wirklich lieber Kollege, der Wolfgang. Der ist heute ein ziemlich hohes Tier in der Politik. So hoch, dass er zu manchen Zeiten fast täglich im Mittagsjournal vorkommt und auch immer wieder zu verschiedenen Dingen interviewt wird. So hoch, dass auch andere über ihn reden und urteilen. Daher ahne ich auch, dass selbst im Mittagsjournal von Ö1 wirklich viel Scheiße erzählt wird. Sicher nicht immer mit Absicht, aber trotzdem echte Scheiße. Als über Wolfgang bei einer bestimmten Sache sehr oft und viel im Radio und Fernsehen berichtet wurde, musste ich oft lachen oder war manchmal extrem erstaunt über Aussagen hinsichtlich seiner Person, da ich ja ziemlich genau weiß, was Wolfgang wirklich macht und was garantiert nicht.

Als ich vor etwa drei Stunden am Ende meiner Tour in die letzte lange Gerade einbiege, da sehe ich ein Gesicht, welches ich sofort erkenne. Ich rufe laut: »Wolfgang?!« und der angesprochene Mann dreht sich um. Ja es ist Wolfgang. Exakt so, wie er vor 36 Jahren ausgesehen hat, nur mit ein wenig Grau in den Haaren. Auch im Benehmen ganz genauso. Man ändert sich eben als Person viel weniger, als man es wahrhaben will oder gerne möchte. Also im Prinzip hätten wir beide Morgen in die Kandlgasse gehen können und er gäbe mir wieder Nachhilfe in Englisch.

Was aber noch interessanter ist: Wolfgang lebt jetzt vier Gehminuten von mir entfernt. Er, der Klassenbeste, hat nämlich eine liebe Frau kennengelernt, die ebenfalls Klassenbeste war. Und zwar in meiner Volksschulklasse. Die Welt ist wirklich ein Dorf...!

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(C) mArtin, im April 2024.
Und ich bin wirklich nicht immer stolz darauf.
Manchmal aber sehr wohl.


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